Diagnose: Kleinhirninsult

Diagnose: Kleinhirninsult

Wenn ihr das Wort Schlaganfall hört, was kommt euch als Erstes in den Sinn?

Ich habe dieses Thema, dieses Wort, diese Krankheit, immer nur mit älteren Menschen in Verbindung gebracht. Nie aber, dass es auch mal jüngere Menschen treffen könnte, mich treffen könnte.

In diesem Beitrag möchte ich euch meine Geschichte erzählen. Die Geschichte wie ich den Schlaganfall erlebt habe.

Ich habe dieses Ereignis schon kurz in einem anderen Eintrag erwähnt. Allerdings ging es in diesem hauptsächlich um Rauchen und Rauchfrei zu werden.

Der Tag der mein Leben veränderte

Es war der 14. März 2011, ein Montag, ein Tag der mir wohl bis an mein Lebensende im Gedächtnis bleiben wird.
Ich bin schon mit Kopfschmerzen aufgewacht, dennoch startete ich meinen Tag wie üblich. Mit einem Kaffee und einer Marlboro. Damals war ich starker Raucher und Kaffee habe ich auch in Übermaßen zu mir genommen.

Denn auch auf den Weg in die Arbeit hatte ich meinen Kaffee immer in einem Coffee-To-Go Becher bei mir. In der U-Bahn suchte ich mir einen Platz, war vertieft ins Musik hören und wartete bis die Durchsage meine Station verkündete.

Die U-Bahndurchsage verkündete „Philadelphiabrücke“. Das war meine Station, ich stand auf um auszusteigen. Doch ich bekam einen unglaublichen heftigen Stich in den Hinterkopf und mir wurde schwindlig.

Kennt ihr das Gefühl wenn ich zu schnell aufgestanden seid und euch total schwindlig ist? Genau so ging es mir, doch das Gefühl ging nicht weg.
Doch dieses Mal sollte das Schwindelgefühl nicht mehr verschwinden. Zum Glück stieg zum selben Augenblick auch einen Arbeitskollegin aus die merkte, dass es mir merklich nicht gut ging.

Wir setzen uns auf eine Bank im U-Bahnbereich, denn das Schwindelgefühl ging einfach nicht weg. Zunehmend merkte ich, dass dies kein Kreislaufkollaps war und es mir immer schlechter ging. Auf Bitte meiner Kollegin wurde der Krankenwagen gerufen. Zu diesem Zeitpunkt merkte ich auch, dass ich meine rechte Körperhälfte nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Ich versuchte verzweifelt, ich lag in der Zwischenzeit auf der Bank, meine Haare aus dem Gesicht zu streifen. Leider erwischte ich nur meine Brille. Ich zählte die Sekunden bis die Sanitäter endlich eintrafen, denn mittlerweile stieg schon ein klein wenig Panik in mir auf.

Die Fehldiagnose der Rudolfstiftung

Nach einer gefühlter Ewigkeit kamen die Sanitäter die mich, auf beiden Seiten gestützt, zu ihrem Krankenwagen brachten.
Auf dem Weg ins Krankenhaus wurde mir immer schlechter und ich musste mich übergeben. Die Sanitäter versuchten mich zu beruhigen, ich verfiel allmählich in Panik. Die Tränen flossen mir übers Gesicht und ich wollte einfach nur, dass es aufhört.
Im Krankenhaus „Rudolfstiftung“ (Anm. Ich spreche hier keine Empfehlung für das Krankenhaus aus. – Den Grund hierfür werdet ihr beim Lesen bemerken) wurde ich abgefertigt. Mir wurde gesagt, es handelt sich um einen Kreislaufkollaps. Trotzdem wurde mir Blut abgenommen und schnell ein Blutbild gemacht. – Für den Arzt war keine Auffälligkeit zu erkennen. Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass ich meine rechte Körperhälfte nicht mehr unter Kontrolle hatte. Dem Arzt war es egal, ich bekam eine Infusion und wurde gleich daraufhin entlassen.

Meine damals beste Freundin, hatte frei und hat mich vom Krankenhaus abgeholt. – Ich wohnte mit ihr zusammen und war somit nicht ganz alleine.
Ich hatte immer noch Kopfschmerzen und legte mich wieder hin. Abends, immer noch kein Ende der Schmerzen in Sicht, verkündete meine Freundin, sie würde noch ausgehen, sei aber, wenn irgendwas nicht stimmen würde, telefonisch erreichbar. – Ich antwortete ihr nur „Ach, wird schon nichts sein, amüsiere dich“ – Dass wenig später ich sie wirklich brauchte, wusste ich noch nicht.

Ich wachte um ca. 2 Uhr nachts auf, extreme Kopfschmerzen und ich musste auf die Toilette. Ich versuchte mich noch mal umzudrehen, ich wollte einfach nicht aufstehen.   Doch alles verdrängen half nichts. Ich stand also auf und gleich daraufhin knickte meine rechte Seite weg.

„Ich kann nicht mehr gehen“ war das erste, was mir in den Kopf schoss. Mir war obendrein wieder extrem schwindlig und schlecht. Irgendwie hatte ich es auf die Toilette geschafft und wieder zurück ins Bett. – Dort angekommen, hoffte ich, wenn ich liege, würde das Schwindelgefühl weggehen. – Falsch gedacht. – Es wurde schlimmer.
Verzweifelt versuchte ich meine beste Freundin zu erreichen, immerhin meinte sie ja, ich sollte mich melden. – Nur die Mailbox. Immer wieder nur die Mailbox.

Schlussendlich rief ich mir selbst einen Krankenwagen, dass ich froh sein konnte, noch sprechen zu können, wusste ich da noch nicht.

Die Sanitäter waren, im Gegensatz zu denen am Morgen, sehr besorgt und freundlich. Sie haben sofort gemerkt, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Kreislaufkollaps handelte.

Sie brachten mich ins Wilhelminenspital. Da es aber mitten in der Nacht war, wurde ich erst am nächsten Tag behandelt. Die Stunden bis zur Behandlung waren die Hölle. Ich konnte nicht schlafen, denn mir war immer noch schwindlig und laufend musste ich mich übergeben.

Erst um ca. 8 kam ich auf die Neurologie, um mich weitere Untersuchungen zu unterziehen. Denn alle vorigen Behandlungen und Untersuchungen waren ohne Ergebnis.

Diagnose Kleinhirninsult

Schnell stand die Diagnose „Kleinhirninsult“ fest – auf gut deutsch „Schlaganfall“ – mit nicht mal 25 Jahren. Dass bei mir nur die rechte Körperhälfte und nicht das Sprachvermögen betroffen war, war ein Zufall.

Nachdem die Ärztin die Worte ausgesprochen hatte, schossen mir unendlich viele Fragen in den Kopf „Warum? Wieso? Warum ich? Das passiert doch nur anderen!“ – Denn die Kombination Rauchen und Pille sollten ausgerechnet mir zum Verhängnis werden.

Man hört ja immer wieder, dass die Kombination Thrombose und anderen „Krankheiten“ hervorrufen können. Klar, man wusste das, dachte aber nicht das es einen mal selbst treffen sollte.

9 Tage musste ich im Krankenhaus bleiben. Tage, in denen ich von einer Untersuchung zur anderen gebracht wurde. Natürlich wurde mir auch Physiotherapie verordnet. – Es musste festgestellt werden, ob ich bleibende Schäden hatte. Gar nicht so leicht herauszufinden. Denn es war meine rechte Körperhälfte betroffen und ich bin Linkshänder. Ich versuchte also verzweifelt Sachen mit der rechten Seite zu machen, wo ich nicht mal wusste, ob ich sie vor dem Schlaganfall konnte.

Von 0 auf 100 änderte sich mein Leben

Psychologisch gesehen war die Zeit nach dem Schlaganfall echt eine Herausforderung. Von 0 auf 100 änderte sich mein Leben.
Ich musste mit dem rauchen aufhören. Und wie ihr wisst, wenn ihr den anderen Eintrag gelesen habt, hat das nicht ganz geklappt.  Zumindest nicht gleich.

Nach meinem Krankenhausaufenthalt war ich noch 4 Wochen zu Hause. 4 Wochen kombiniert  mit Angst und Panikattacken. Sobald ich alleine zu Hause war, hatte ich Angst ich könnte noch mal einen „Anfall“ bekommen.
Ebenfalls war das U-Bahn fahren eine echte Qual. Generell waren aber alle öffentlichen Verkehrsmittel eine echte Mutprobe.
Erst 3 Jahre nach meinen Kleinhirninsult schaffte ich es wieder mich in einer U-Bahn hinzusetzen. Für einige von euch mag das jetzt sehr komisch klingen, für mich aber eine echte Meisterleistung.
Ich habe endlich geschafft, mein Trauma zu überwinden, damit abzuschließen.

Für mich, war dieser Tag/diese Nacht eine der schlimmsten Erfahrungen in meinen Leben und ich wünsche sie nicht mal meinem größten Feind. Aber zu gleich war es wohl auch bitter nötig. Denn erst an diesen Tag stellte ich fest, dass ich aus meinem Leben mehr machen muss, das ich etwas ändern muss.

 Seit 2011 haben sich so viele Dinge verändert

Seit meinem Schlaganfall haben sich wirklich viele Dinge in meinem Leben verändert. Man geht auf einmal mit einem ganz anderen Lebensgefühl durch die Welt. Man lernt das Leben mehr zu schätzen. Kleinigkeiten die mich früher aufgeregt haben, nehme ich jetzt mit einem Schulterzucken hin. Denn an den meisten Situationen kann ich sowieso nichts ändern und warum sich dann aufregen?

Das Rauchen habe ich mittlerweile aufgegeben und auch der Pille hab ich abgeschworen. Ich bin in den letzten Jahren zu einem wahren #lifelover geworden.

Früher war ich grimmig, grantig und leicht reizbar. Heute blogge ich, versuche positive Lebenseinstellung zu vermitteln und versuche vor allem darauf aufmerksam zu machen, dass eine schwere Krankheit wie zum Beispiel ein Schlaganfall eben jede Altersgruppe treffen kann.

Danke an die Freunde, die damals für mich da waren (und auch heute noch da sind) und mir durch diese schwierige Zeit geholfen haben.

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